Erstaunlich!
Hinter verschlossenen Türen tut sich doch was. Die „nur“ online zu betrachtende längste Jahresausstellung in der Geschichte des Kunstvereins - hier bekommt das Wort JAHRESausstellung eine ganz neue Bedeutung – mit ihren knapp 200 Werken hat ganz eindeutige Ergebnisse in der Auswahl für den "kunstpreis blauorange" ergeben.
Gleichwertig wurden als Preisträgerin und Preisträger ausgezeichnet:
- Jutta Schmidt, Hamburg / Coburg für ihre fotografischen Arbeiten „Wabi-Sabi“
- Peter Korn, Meeder für seine Manuskript-Zeichnungen „Acht Briefe an Corona“ und
- Thorsten Lazina, Lautertal für sein Acrylgemälde „Kuhrona“.
Erstaunlich ist die thematische Auswahl, kreisen doch die Arbeiten der Künstlerin und der Künstler um die uns prägende, bedrückende pandemische Gefahr und deren seelische Bewältigung, sei es mit einem konzentrierten Blick auf die uns umgebenden Schönheiten im Vergänglichen, um das Bewältigen des Beklemmenden durch einen Akt des befreienden Kritzelns und Zeichnens oder durch ironische Ablenkung und surreale Kombination im realistischen Gemälde.
„Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie.“
Trostspendend sind die fotografischen Blicke Jutta Schmidts auf die Unvollkommenheit in den „Nebensächlichkeiten“ von Natur. „Meine Bilder sind - wie der Name schon sagt - inspiriert von dem japanischen Ästhetik- und Kunstkonzept Wabi-Sabi, dass das Schöne im Unvollkommenen und Vergänglichen verortet. Die Brüchigkeit dieser Schönheit wird besonders in der wandelbaren und empfindlichen Natur und unserem Umgang mit ihr sichtbar.“ (J. Schmidt)
Diese Wut! Diese Hilflosigkeit! Diese Verzweiflung, seelische Last loszuwerden. Peter Korn entlädt seine Wut, seine Verzweiflung, seine Fragen und Forderungen in unaussprechlichen Gesten des Schreibens und Zeichnens, indem die Hand Unlesbares auf das Papier bringt und mit Maskenbildern verfilzt. Als befreiender Akt überträgt sich diese schöpferische Auseinandersetzung unmittelbar auf den Betrachter: Das habe ich mir von der Seele geschrieben. „In diesen aufregenden Zeiten muss ich mich als Künstler mit den dringlichen Fragen unseres Daseins auseinandersetzen. Ich befasse mich seit einigen Jahren mit literarischen Texten, handschriftlichen Schreibvorgängen, Überschreibungen von Handzeichnungen, die ich als Manuskriptzeichnungen bezeichne.“ (Peter Korn)
Im großformatigen Gemälde schauen uns drei Kühe an einem Ort an, an dem wir gerne wären, aber nicht sein dürfen. Irgendwie ist alles „verrückt“.
Mit einem verschmitzten Schmunzeln zeigt uns Thorsten Lazina unsere ins Wanken geratene Welt auf heitere, ironische Weise. Das Bild des Strandes als Sehnsuchtsort, überdimensional präsentiert, wird empfindlich gestört durch uns anblickende Kühe. Die klare Farbigkeit und prägnante Bildschärfe im realistisch wirkenden Bild bereiten uns erhebliche Konflikte mit unseren Vorstellungen von Wirklichkeit. Aber vielleicht müssen wir lockerer werden in der Akzeptanz von verrückter Wirklichkeit. Die uns von Thorsten Lazina gezeigte ist zumindest angenehm und Freude erzeugt sie außerdem.
Aufmerksam das Schöne im Unvollkommenen entdecken, um daraus Hoffnung zu schöpfen, mit den Mitteln des Zeichnens sich von Last befreien und eine frohe Bildalternative bieten uns die Künstlerin und die Künstler mit ihren Werken an. Wir sollten diese wunderbaren Möglichkeiten zu einem persönlichen Weg zu mehr Resilienz, die uns die bildende Kunst in ihrer Vielfältigkeit anbietet, mutig aufgreifen.
Leider können die Preisträger nicht in gewohnter Form in feierlichem Rahmen geehrt werden. Das werden wir aber nachholen, spätestens zur Eröffnung der JA21- Jahresausstellung 2021.
Hoffen wir das Beste!
Joachim Goslar
Kunstverein Coburg
1. Vorsitzender